Rechtsanwältin Hofgrefe-Weichhan gibt in diesem Artikel anhand von Praxisbeispielen wertvolle Tips zum Pferdekauf

Pferdekauf aus der Perspektive einer Pferderechtlerin - Praxisbeispiele

14.04.2023
Frau Hogrefe-Weichhan

Im Folgenden werde ich euch nun einige Fälle aus meiner anwaltlichen Praxis vorstellen. Könnt ihr sie lösen? In der ersten Fallgruppe geht es um den rechtlichen Knackpunkt „Mangel“. In der zweiten Fallgruppe geht es um den rechtlichen Knackpunkt „Nacherfüllung und Gewährleistung“. Nach jedem Fall werde ich euch natürlich die Lösung präsentieren, aber vielleicht habt ihr dann bereits schon eine eigene Idee.

Allergie, Lahmheit, Rittigkeit – Knackpunkt Mangel

Fall 1: Die unentdeckte Gaumenspalte

Dressurausbilderin Isabella W. kauft am Telefon ungesehen und ohne AKU einen Fürstenlook-Absetzer als Passer für ihr Sezuan-Fohlen. Beim Abladen in der Dunkelheit fällt ihr bereits auf, dass das eine Auge „viel Weiß“ hat.

Das Vertragsformular der Verkäuferin unterzeichnet Isabella nicht, da dort steht „gekauft wie gesehen“. Der Kauf kommt aber dennoch zu Stande.

Im ersten Winter hustet der Absetzer viel und entwickelt eine eigenartige Kopfform. Die Tierklinik Lüsche diagnostiziert schließlich eine hochgradige Gaumenpalte. Isabella begehrt die Rückabwicklung des Kaufvertrages.

Das merkt sich der Pferderechtsprofi:

  • Ein Kaufvertrag kann auch mündlich geschlossen werden. Dies erschwert die Beweisführung allerdings erheblich.
  • Die Rückabwicklung eines Kaufvertrages kann auch bei arglistiger Täuschung verlangt werden. Die Beweislast liegt beim Käufer.
  • Eine körperliche Einschränkung des Pferdes ist in der Regel nur dann ein Mangel, wenn sie klinisch in Erscheinung tritt.
  • Ist dies nicht der Fall, kann der vertraglich vereinbarte Verwendungszweck entscheidend sein.
  • Neben dem Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages besteht ein Anspruch auf Schadensersatz. Dieser kann mit dem Zeitablauf eines Prozesses erhebliche Ausmaße annehmen.

Fall 2: Von Vermittlung und Verrücktheiten

Pferdewirtschaftsmeisterin Stephanie von M. betreibt einen Reitstall nahe der dänischen Grenze. Ab und an verkauft sie dort Kommissionspferde aus Dänemark – so auch die Stute „Sina Sinelli“, ein echtes Pippi Langstrumpf – Pferd.

Die Käuferin und ihre Trainerin reiten die Stute ausgiebig zur Probe und entscheiden sich zum Kauf. Der schriftliche Kaufvertrag enthält ebenso wie bereits der schriftliche Vorvertrag den Hinweis, dass Stephanie von M. ausschließlich mit der Vermittlung des Pferdes beauftragt ist

Einige Zeit nach dem Kauf rügt die Käuferin, dass „Sina“ hypersensibel und hysterisch sei und begehrt die Rückabwicklung des Kaufvertrages. Bei der Vermittlerin lief die Stute ohne Probleme mit Kindern auswärts auf Springlehrgängen.

Das merkt sich der Pferderechtsprofi:

  • Beim Kommissionsverkauf sind etwaige Ansprüche aus dem Kaufvertrag idR gegen den Verkäufer und nicht gegen den Vermittler zu richten.
  • Sogenannte “Wesensmängel” stellen idR keine Mängel im Sinne des Kaufrechts dar.
  • Für Verhaltensauffälligkeiten kommt eine Beweislastumkehr zu Lasten des gewerblichen Verkäufers nach der herrschenden Rechtsprechung in idR nicht in Betracht.
  • “In der Regel”? – Bei bestimmten Vertragsvereinbarungen kann dies anders sein, beispielsweise bei dem ausdrücklichen Verwendungszweck als “braves Kinderreitpferd”.

Fall 3: Prinz auf weißem Pferd

Michael M. hat sich unsterblich in eine schöne Stewardess verliebt. Sie ist Reiterin und Pferdebesitzerin. Schnell ist klar, Michi braucht ein Pferd – am besten ein weißes. Die Wahl fällt auf „Snoopy“, einen schneeweißen Sportpferdewallach von Sandro Hit.

Die Parteien nehmen in den Kaufvertrag auf, dass der Wallach wegen seiner steilen Hinterhand nicht für den Springsport geeignet ist. Die AKU verläuft unter mysteriösen Umständen: als Michi im Stall ankommt, ist die Untersuchung schon gelaufen. Das Protokoll enthält lediglich pauschalisierte Angaben.

Schließlich mit „Snoopy“ vereint, ist Prinz Michi zum Schrittreiten verdonnert, sobald es schneller wird, fällt der arme Schimmel nämlich um. So hatte er sich das nicht ausgemalt und begehrt die Rückabwicklung des Kaufvertrages. Im Prozess bestätigt Gerichtsgutachter Dr. med. vet. S., dass es für einen Anfänger wie Michi nahezu lebensgefährlich ist, den sonst sehr braven Wallach zu reiten.

Das merkt sich der Pferderechtsprofi:

  • Wird die AKU fehlerhaft durchgeführt, kann auch gegen den vornehmenden Tierarzt ein Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages nebst Schadensersatz bestehen.
  • Entspricht das Pferd nicht dem vereinbarten Verwendungszweck, stellt dies einen Sachmangel dar, auch wenn im Kaufvertrag auf eine Beeinträchtigung hingewiesen wurde.
  • Oft kann erst durch ein Gerichtsgutachten abschließend geklärt werden, ob ein Mangel vorliegt. Die Kosten für ein solches Gutachten liegen zwischen 2.000,00 und 3.000,00 EUR und wirken sich damit erheblich auf das Prozesskostenrisiko aus.

Von Rechtsanwältin Lea Hogrefe-Weichhan

Die Kü§tenkanzlei
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